Und plötzlich wollte mein Mann kein drittes Kind mehr.
Ich hatte bereits zwei wundervolle Kinder und war nun ein drittes Mal schwanger. Grundsätzlich wollten mein Mann und ich immer drei Kinder haben. Doch dieses Mal schien es als ob wir den ungünstigen Zeitpunkt dafür gewählt hatten, weil alles schief lief was nur schief laufen konnte und ein Abbruch somit vielleicht doch der bessere Weg wäre….
Aber der Reihe nach:
Zu dem Zeitpunkt als ich schwanger wurde war einerseits der Kinderwunsch bei meinem Mann und mir vorhanden, doch hatte mein Mann zugleich auch Zweifel daran ob er ein drittes Kind möchte vor allem zum aktuellen Zeitpunkt.
Dennoch taten wir beide nichts, das eine Schwangerschaft von vornherein verhindert hätte und ließen es zu.
Als dann der Tag des Schwangerschaftstests kam und wir schwarz auf weiß sahen, dass ich schwanger war, stand meinem Mann die Entsetzung und Panik ins Gesicht geschrieben.
Sehr bald sagte er mir, dass er das Baby nicht wolle.
Ich begriff nicht recht wie mir geschah! Wir hatten doch beide den Kinderwunsch, wir haben BEIDE nicht verhütet – im vollen Bewusstsein was passieren könnte – und jetzt reagiert er SO!?! Ich war fix und fertig!
Als mein Mann in den Tagen danach immer häufiger von Abtreibung sprach, erkannte ich ihn nicht mehr wieder. So kalt hatte ich ihn nie zuvor erlebt. Ich fühlte mich hilflos und völlig allein gelassen. Eine Abtreibung wäre für mich nie infrage gekommen. Für mich ist ein Baby – und sei es auch noch so klein am Anfang – von vornherein EIN LEBEN!
Wie konnte mein Mann nur so denken geschweige denn diesen Schritt von mir verlangen?! Er hatte die Situation schließlich mit zu verantworten!
Wir stritten wochenlang sehr viel und auch die Trennung stand im Raum. Die Fronten waren sehr verhärtet und keiner von uns wich von seiner Meinung ab.
Das war jedoch nicht alles….
Zu Beginn dieser Schwangerschaft hatte ich gerade die Ausbildung zur Erzieherin abgeschlossen und somit eine sehr anstrengende Zeit hinter mich gebracht, die mich viel Kraft kostete. Eigentlich hätte ich an dieser Stelle DRINGEND (vor allem wegen der neuen Schwangerschaft) eine Pause gebraucht. Doch eine Pause war nicht drin. Denn wir bauten auch parallel noch ein Haus für das es vieles zu organisieren gab und das musste natürlich auch alles bezahlt werden. Also keine Pause für mich, sondern zusätzlich der Start in einen neuen Job als Erzieherin.
Anstrengende Ausbildung, zwei (durchaus fordernde) Kinder, eine zu der Zeit instabile Beziehung zu meinem Mann, Hausbau, Umzug, neuer Job UND DIE DRITTE SCHWANGERSCHAFT!
Ich konnte nicht mehr! Es war kein Ende der Schwierigkeiten in Sicht und irgendwie war auch niemand da der uns so richtig hätte helfen können. Freunde und Familie wohnten nun alle weiter weg sodass Hilfe von ihnen aus schwierig war. Vor Ort kannten wir auch noch niemanden.
Ich fühlte mich sehr alleine und hatte riesige Angst, dass uns alles so sehr über den Kopf wächst, dass am Ende jeder von uns daran zerbricht: Die Beziehung, die Kinder, mein Mann und ich.
Aufgrund all dieser Umstände und der Tatsache dass mein Mann das Baby nicht wollte zweifelte ich in den ersten Monaten der Schwangerschaft oft daran ob es das richtige wäre das Baby zu bekommen. Meine Gedanken drehten sich hin und her. Einerseits wollte ich MEIN BABY und andererseits dachte ich „Ob mein Mann doch Recht hat und alles einfacher wäre, wenn ich die Schwangerschaft beende?!“.
Was das Fass zum überlaufen brachte…
Als in den ersten Wochen der Schwangerschaft dann auch noch wirklich heftige Übelkeit hinzukam, sodass ich oft mehrere Tage im Krankenhaus behandelt wurde und mich um meine beiden anderen Kinder, Haus usw. nicht mehr kümmern konnte, dachte ich wirklich endgültig dass ein Abbruch der bessere Weg wäre. Ich wollte nicht mehr leiden! Ich wollte dass meine Beziehung wieder funktionierte, ich wollte für meine Kinder da sein, meinen Job machen können – einfach „normal“ funktionieren!
Doch dann gab es noch einen Lichtblick: Ich hatte eine Freundin, die ehrenamtlich als Patin mit schwangeren Frauen im Konflikt (so wie ich) arbeitet. Dank ihr hatte ich doch noch jemanden an meiner Seite, dem ich mein ganzes Herz und all den Schmerz, die Sorgen, Ängste und Zweifel anvertrauen konnte. Sie hörte mir zu und nannte mir verschiedene konkrete Dinge, die ich tun könnte damit sich meine/unsere Situation wieder verbessert. Zum Beispiel konnte sie mir helfen, wo und wie wir finanzielle Unterstützung erhalten können, wie und wo ich Hilfe für Haushalt und Kinder erhalten kann; sie konnte mir sogar ein Mittel gegen meine furchtbare Übelkeit nennen, das einer anderen Schwangeren in der selben Situation ebenfalls half.
Ich hatte zum ersten Mal nach langer Zeit das Gefühl verstanden zu werden und wirklich Hilfe zu bekommen. Meine Freundin machte mich aber vor allem emotional stark genug sodass ich nach einer Weile endgültig „JA“ zu meinem Baby sagen konnte!
Ab diesem Moment fand ich auch Frieden darüber, dass mein Mann ab nun für sich alleine entscheiden müsse ob er meine Entscheidung mitträgt und bleibt oder ob er geht….
Wie meine Geschichte ausging:
Mein Mann blieb und ich habe eine dritte gesunde Tochter zur Welt gebracht.
Als ich sie zum ersten Mal im Arm hielt waren all die Sorgen und Zerreißproben der letzten Monate wie weggeblasen. Ich war überglücklich dass ich mich FÜR mein Baby entschieden hatte! Ich fühlte mich wie ein neuer Mensch beziehungsweise wie „die alte“ Mira.
Ab dem Tag der Geburt war auch mein Mann wieder „der Alte“. Er war genauso glücklich und dankbar für unser drittes Wunder.
Wir waren uns nun beide sicher, dass wir nach den Schwierigkeiten der vergangenen Monate alles schaffen können.
Mira
(Name geändert)